Halloween 2025 – Friedhofsführung mit der Schwarzen Witwe

Um Leichenraub, Leichenhände und Leichenfett dreht es sich beim „Friedhofsgeflüster“, das die Kunsthistorikerin und Trauerrednerin Anja Kretschmer anbietet. Als „Schwarze Witwe“ tourt sie über deutsche Friedhöfe und berichtet von historischen Bestattungsriten, Trauer- und Totenbräuchen. Ihr Ziel ist es, das Thema aus der Tabuzone herausholen, indem sie historisch verbürgte Fakten an außergewöhnlichen Orten unterhaltsam präsentiert. Halloween 2025 einmal anders….

Halloween 2025 - Friedhofsführung mit der Schwarzen Witwe

Dunkle Geschichten auf deutschen Friedhöfen

Rund um Allerheiligen und Allerseelen zieht es viele Menschen auf die Friedhöfe, um der Toten zu gedenken. Auch ich habe gerade einen Friedhof im Ruhrgebiet besucht. Aber nicht, weil Verwandte oder Freunde von mir dort bestattet wurden, sondern weil hier die Schwarze Witwe in Erscheinung getreten ist. Von Kopf bis Fuß in Trauerkleidung aus dem 19. Jahrhundert gehüllt, erzählt sie humorvoll die unglaublichsten Dinge.  

Friedhofsführung in der Dämmerung – meine Erfahrung

Gut 70 Menschen haben sich am späten Sonntagnachmittag auf dem Nordfriedhof in Recklinghausen eingefunden, um zwischen Gräbern mehr über brachiale Bräuche und aberwitzige Annahmen unserer Vorfahren zu erfahren. Alles sind wissenschaftliche Fakten, die die promovierte Kunsthistorikerin über Jahrzehnte recherchiert hat.  

Friedhofsführung in der Dämmerung - meine Erfahrung

Tod und ErinnerungBestattungskultur in Deutschland

Im 19. Jahrhundert, als Kretschmers Kunstfigur, die Schwarze Witwe, lebte, war der Tod noch allgegenwärtig. Die Menschen erlebten hautnah, wie ihre Angehörigen und Nachbarn auf dem Totenbett lagen. Erst im 20. Jahrhunderte wurde das Sterben in Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ausgelagert.

Halloween 2025 ohne Spektakel

Beim „Friedhofsgeflüster“ wird der Tod wieder greifbar, denn alles dreht sich um den toten Körper.  Anja Kretschmer erzählt, in welchen verschiedenen Bereichen er noch „Verwendung“ fand. Was im ersten Moment morbide klingt, ist historisch verbürgtes Wissen. Und die Mischung aus historischen Fakten und hintergründigem Humor kommt bei der Gruppe gut an.  

Halloween 2025 ohne Spektakel

Leonardo da Vinci führte Leichenschauen durch

Die Kunsthistorikerin zeigt Gemälde und Zeichnungen berühmter Maler, die im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit anfingen, zu medizinischen Sektionen zu gehen. Sie wollten sich mit dem Inneren menschlicher Körper vertraut machen, um sie besser darstellen zu können. Besonders Ambitionierte begannen sogar, eigene Leichenschauen durchzuführen. Darunter auch das Universalgenie Leonardo da Vinci.

Historisch verbürgte Leichenbeschaffung

Das primäre Problem war damals aber die Beschaffung der Leichen. Denn es durften nur hingerichtete Straftäter verwandt werden. Und da im Laufe der Jahrhunderte weniger Hinrichtungen stattfanden, kam es zu einem Leichenmangel. Davon erzählt die Schwarze Witwe während sich die Dunkelheit sich über den Friedhof senkt und die historischen Anekdoten immer drastischer werden.  

Dunkle Geschichten auf deutschen Friedhöfen

Öffentliche Leichenschau im Anatomietheater

Die Geschichte der Anatomie beginnt in Italien: Dort gab es schon 1241 ein Gesetz, welches besagte, dass ein Arzt darf sich erst dann Chirurg nennen darf, wenn er bereits ein Jahr lang Erfahrung im Sektionsbereich gesammelt hatte. Und 1306 gab es in Italien dann das erste anatomische Theater, in dem die Leichenschau öffentlich stattfand. Diese neu geschaffene Institution war der Grund, warum Verbrecher der damaligen Zeit mehr Angst vor Ärzten als vor Henkern hatten. Denn es graute ihnen davor, vor aller Augen ausgeschlachtet zu werden.

Halloween 2025 anders erleben

Die Schwarze Witwe hält eine Zeichnung hoch, die das Anatomische Theater in allen Einzelheiten zeigt: Den in Blut getränkten Arzt, die voyeuristischen Zuschauer und sogar einen Hund, der sich an den Überresten zu schaffen macht. Anja Kretschmer betont, dass diese Darstellung realistisch ist. Den ein oder anderen in der Gruppe schaudert es, aber alle hören weiter gebannt zu, als Anja Kretschmer erzählt, wie beliebt die Anatomischen Theater bei zahlenden Gästen, insbesondere dem Adel, waren. Und wie lange es dauerte, bis Vernunft und Hygiene Einzug in die Sezierräume hielten. Aber erst einmal blühte die Beschaffungskriminalität:

Leichenraub und Leichenkauf

Denn es gab immer mehr Studenten, die mehr über die menschliche Anatomie lernen wollten, aber immer weniger Anschauungsmaterial. Und so wurden Leichen geraubt. Gerade arme Menschen mussten um ihre verstorbenen Angehörigen fürchten – bis sich die Erkenntnis durchsetzte, dass Kaufen einfacher als Rauben ist. So kam es zu einem regen Leichenhandel. Arme Menschen verkauften ihre verstorbenen Familienmitglieder, auch ihre Kinder, an die Anatomie, um sich von dem Geld Lebensmittel oder Medikamente kaufen zu können. Eine bittere Ironie, die die Zuschauer nachhaltig berührt.

Henker verkauften Leichenteile

Doch der florierende Leichenhandel war ungesetzlich und musste im Verborgenen stattfinden. Weit öffentlicher handelten Scharfrichter mit Leichenteilen – diese besonders makabere Praxis spart sich die Schwarze Witwe für den Schluss der Führung auf, wenn der Friedhof bereits von Dunkelheit umschlossen ist und nur hier und da ein ewiges Licht flackert, geht es um die „armen Sünder“. „Arme Sünder“ – so wurden Hingerichtete genannt und die Bevölkerung war überzeugt, dass deren Leichname noch über eine große Lebenskraft verfügten – denn sie wurden ja aus der Mitte des Lebens gerissen. Jedem einzelnen Körperteil wurden damals besondere Eigenschaften zugeschrieben. Finger landeten beispielsweise im Geldbeutel.

Skurille Totenbräuche

Im Geldbeutel trug man sie mit sich herum, damit das Geld darin nicht ausgeht. So wie man heute einen Glückscent mit sich herumträgt, hatte man früher Finger von Hingerichteten. Und mit den ganzen Händen der Toten, so glaubten die Menschen damals, war es sogar möglich, Schönheitsmakel zu beseitigen: sprich, eine Warze, ein Muttermal oder ein Hühnerauge. Da musste man nur mit der toten Hand über diese Warze oder dieses Hühnerauge streichen – und schwups – war man geheilt.

Der Recklinghauser Nordfriedhof

Halloween 2025: Trotz der schweren Thematik gehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem guten Gefühl nach Hause.

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