Halloween – die Nacht zu Allerheiligen – wird mittlerweile auch in NRW groß gefeiert: Wilde Partys, schrille Kostüme und üppiger Alkoholkonsum überdecken allerdings die ursprüngliche Bedeutung dieser Tage. Als bewusste Alternative zum amerikanisierten Trubel versteht sich eine Fackelwanderung, die jedes Jahr am 31. Oktober im Erft-Kreis stattfindet. Hier, wo es den einzigartigen Werwolf-Wanderung in Alt-Kaster gibt, erwartet Besucher historisch verbürgtes Grauen, das bei der nächtlichen Wanderung greifbar wird.
Die Heimat des Werwolfs von Epprath
Stadttor, Mauern und Marktplatz – wer Alt-Kaster betritt, fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt. 1339 wurde der Ort erstmalig urkundlich erwähnt. Und die heutigen Bewohner sind sich der historischen Verantwortung für all die Schönheit bewusst. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, kann niemand sich vorstellen, wie es früher einmal rund um Alt-Kaster im Erftkreis ausgesehen hat.
Der Erftkreis war eine besonders dunkle und waldreiche Gegend. In den damals noch sumpfigen Erft-Niederungen verschwanden regelmäßig Menschen oder wurden verletzt zur Beute von wilden Tieren. So entstanden die ersten Geschichten über Werwölfe. Historische Quellen im Erftkreis berichten von der „schönen Werwölfin“ oder dem „hungrigen Mittagswolf“ – gab die dunkle Gegend doch die perfekte Kulisse für solche Legenden ab.
Weiterlesen: Das pittoreske Alt-Kaster zählt zu den Historischen Stadt- und Ortskernen in NRW. Insgesamt gibt es 59 und einer ist schöner als der andere.
Werwolf-Wanderung in Alt-Kaster
Peter Stubbe hat als freier Bauer in dem winzigen Dorf Epprath, unmittelbar bei Kaster, gelebt. Historiker vermuten heute, dass er unter einer seltenen Krankheit litt, die ihn verhaltensauffällig werden ließ: Möglicherweise Lykanthropie. Die Betroffenen glauben bei dieser Krankheit selbst, dass sie sich in einen Wolf verwandeln können. Auf seinem Hof lebte Stubbe zusammen mit seiner Tochter und einer weiteren Verwandten. Das machte ihn in den Augen seiner Nachbarn bereits verdächtig. Ob es nun der Neid auf seinen Besitz oder sein ungewöhnlicher Lebenswandel waren – der Sonderling Peter Stubbe wurde als Werwolf angeklagt, verurteilt und auf besonders grausame Art am 31.10.1579 hingerichtet. Denn unter der Folter hatte er zahlreiche Verbrechen gestanden. Die Kunde von den „Untaten“ des Werwolfs und seiner Hinrichtung verbreitete sich damals in ganz Europa.
Auch interessant: Wie schön die Region ohne Gruselfaktor ist, könnt ihr auf dem Erft-Radweg erleben. Er führt 110 Kilometer entlang des Flusses – von der Quelle in der Eifel bis zur Mündung in den Rhein bei Neuss.
Wanderweg folgt den Spuren des „Werwolfs“
Der heutige Werwolf-Wanderweg rund um Alt-Kaster führt zu den Schauplätzen des Lebens von Peter Stubbe. Der Rundweg macht unter anderem Station an seinem Geburtsort und führt auch zu der Hinrichtungsstätte des vermeintlichen Werwolfs. An allen Stationen sind Hinweistafeln aufgestellt, die von seinem unglücklichen Leben berichten. Für die historische Genauigkeit bürgen die Stadt Bedburg und der Arbeitskreis Alt-Kaster, die sich intensiv mit der Lebensgeschichte von Peter Stubbe auseinandergesetzt haben. Auf Grundlage ihrer Recherchen wurde der Werwolf-Wanderweg angelegt. Mittlerweile zählt er zu den „besonderen Wanderwegen Deutschlands“.
Schaurige Werwolf-Wanderung in Alt-Kaster
Am Todestag von Peter Stubbe startet unmittelbar beim Agatha Tor eine stimmungsvolle Fackeltour. Die Teilnehmer tragen Pechfackeln und einige sind sogar als Werwölfe verkleidet. Gemeinsam geht es dann zum Kasterer See, wo an einem Lagerfeuer Lesungen stattfinden. Unterwegs informieren die Veranstalter über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum historischen Geschehen. Organisator Jürgen Mitter sieht das Gedenken an Peter Stubbe und andere Opfer von Aberglaube und Verfolgung als bewusstes Gegenprogramm zum Party-Halloween.
Anmeldungen werden vorab per Email erbeten: werwolf (at) fdp-Bedburg.de
Die Teilnahme ist kostenfrei. Nur die Fackeln sind zu bezahlen. Die Wanderung und die Lesung ist für Jugendliche ab 14 Jahre geeignet.
Schreibe einen Kommentar