Abseits der touristischen Trampelpfade liegen NRWs historische Stadt- und Ortskerne. Insgesamt 59 haben Kriege, Krisen und den Braunkohleabbau überdauert. Und ein Ensemble ist schöner als der andere. Wer die historischen Stadt- und Ortskerne heute besucht, entdeckt alte Fachwerkhäuser, kleine Kopfsteinpflastergassen, wuchtige Befestigungsanlagen und fühlt sich nicht selten um Jahrhunderte zurückversetzt. Ich möchte Ihnen heute drei besonders schöne historische Stadt- und Ortskerne in NRW vorstellen: Alt-Kaster, Kommern und Stolberg.
Kommern – das Kleinod in der Voreifel
Liebevoll restaurierte Fachwerkhäuser reihen sich aneinander. Giebel zieren die Dächer und in den Blumenkästen trotzen die letzten Blüten der Vergänglichkeit. In den letzten 400 Jahren hat sich das Ortsbild von Kommern kaum verändert, da den Dörflern das Geld für Um- und Neubauten fehlte. Was die Menschen damals belastete, ist aus heutiger Sicht natürlich ein enormer Glücksfall. Denn Kommern verfügt so über das größte geschlossene Fachwerkensemble des Rheinlandes. Das älteste Fachwerkhaus des Ortes datiert sogar aus dem Jahr 1548.
Historische Stadt- und Ortskerne in NRW – Mittelalterlich und märchenhaft
Durch die abgeschiedene Lage in der Voreifel wurde Kommern lange Zeit übersehen. Und erst in den letzten Jahren entdeckten Ausflügler den hohen Freizeitwert der Region. Mittlerweile erfreuen sich Spaziergänger an den vielen schönen Details im historischen Ortskern. Und halten die ursprünglichen Sprossenfenster und historischen Haustüren der alten Fachwerkhäuser in unzähligen Fotos fest. Auch eine Burg, die sich in Privatbesitz befindet, und eine unmittelbar benachbarte neugotische Kirche schmücken das Ortsbild von Kommern, das oft mittelalterlich und märchenhaft anmutet.
Ideale Kulisse für den Kräutertag
Durch die jahrhundertealten Gebäude herrscht in Kommern eine besonders ruhige und beschauliche Atmosphäre. Und der Kräutertag in Kommern, der hier seit zehn Jahren stattfindet, ist genauso wie der Ort selbst: ruhig und beschaulich. Die Stände sind malerisch rund um das Alte Rathaus des Ortes angeordnet. Auf ihnen stapeln sich heimische Garten- und Wiesenkräuter, aber auch exotische Gewächse aus fernen Ländern. Überall darf probiert und diskutiert werden. Aussteller und Besucher fachsimpeln über Anbaumethoden und Rezepte. Dieses Gemeinschaftserlebnis macht den besonderen Charme des Kräutertages aus. So freut sich Kräuterpädagogin Carola Kober immer auf den Austausch mit dem Publikum. An ihrem Stand können Besucher ein Wildkräuterbrot, verschiedene Muffins, die mit Duftgeranien gebacken wurden, und diverse Gelees probieren.
Die Kräuter für ihre Köstlichkeiten stammen alle aus eigenem Anbau. Carola Kober besitzt einen großen Kräutergarten, der unmittelbar neben der berühmten Burg Satzvey liegt. In ihm gedeihen Hunderte Kräuter. Die Leidenschaft für ihre gesunden Gewächse ist so groß, dass die Kräuterpädagogin sie auch zum Gegenstand von Geschichten und Märchen macht, die sie vor Publikum erzählt.
Extra-Tipp: Auch bei unseren Nachbarn gibt es wunderschöne historische Stadt- und Ortskerne. Hier stelle ich die drei schönsten historischen Kleinstädte Österreichs vor.
Historische Stadt- und Ortskerne in NRW: Alt-Kaster
Dank des Einsatzes seiner Bewohner wurde der mittelalterliche Ortskern Alt-Kasters vor den Schaufelradbaggern des Braunkohleabbaus gerettet. Stadttor, Mauern und Marktplatz – wer Alt-Kaster betritt, fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt. 1339 wurde der Ort erstmalig urkundlich erwähnt. Und die heutigen Bewohner sind sich der historischen Verantwortung für all die Schönheit bewusst. So veranstaltet der Arbeitskreis Altstadt regelmäßig Feste und Märkte in der filmreifen Kulisse des Ortes. Die Erlöse dienen der Erhaltung und Verschönerung von Alt-Kaster. In dem pittoresken Ort findet zu Halloween übrigens etwas bundesweit Einmaliges statt: Die Werwolf-Wanderung auf historischen Spuren.
Nikolausmarkt in den Privathäusern
Besonders bemerkenswert ist der Nikolausmarkt, der jedes Jahr am 1. Advent im historischen Ortskern stattfindet. Denn der Markt spielt sich ausschließlich in den Privathäusern und Innenhöfen ab: Die Wohn- und Esszimmer der Bewohner verwandeln sich für einen Tag in Schank- und Verkaufsräume. Insgesamt machen gut 50 der kleinen Häuser des Ortes beim Markt mit – und fast alle davon sind Baudenkmäler. Die Menschen, die in ihnen leben, halten sie liebevoll in Schuss. Und am 1. Advent verwandeln sie sich in kleine Straußenwirtschaften, die Besucher mit wohliger Kaminwärme und Glühweinduft empfangen.
Der gesamte Erlös des Weihnachtsmarktes ist für einen guten Zweck bestimmt. So investiert der gemeinnützige Verein, der den Weihnachtsmarkt veranstaltet, den Gewinn in Projekte zur Verschönerung des historischen Ortes.
Die einzigartige Kupferstadt Stolberg
Von Alt-Kaster sind es nur rund 40 Kilometer nach Stolberg. In der Altstadt liegen die imposanten Kupferhöfe – eine Mischung aus Produktionshallen und Herrenhaus. Sie entstanden im 17. Jahrhundert, als Stolberg ein bedeutendes Zentrum der Frühindustrialisierung war. Die Höfe zeugen von der Macht und dem Reichtum der historischen Kupferstadt. Besonders herrschaftlich ist der Kupferhof Rosental, der zu besonderen Anlässen wie der langen Museumsnacht oder dem Tag des offenen Denkmals für das Publikum zugänglich ist. Und in Stolberg werden auch spezielle Kupferhof-Besichtigungstouren angeboten, die einen spannenden Einblick in den historischen Stadtkern bieten.
Einer der schönsten Friedhöfe in NRW
Auf einer Anhöhe, im Schatten der mächtigen Burg, liegt der alte Kupfermeister-Friedhof von Stolberg. Er gilt als einmalig, weil hier lediglich eine einzelne Berufsgruppe beerdigt wurde. Die schweren Grabplatten zeigen die Familienwappen der Kupfermeister. Und Inschriften berichten von ihrem Lebenswerk. Über sie erschließt sich Besuchern die bedeutende frühindustrielle Vergangenheit der Region Stolberg. Historische Stadt- und Ortskerne in NRW sind stets ein lohnendes Ziel – egal für welchen der 56 Orte man sich entscheidet….
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