Graz ist die zweitgrößte Stadt Österreichs und gilt als die Genusshauptstadt des Landes. Die Metropole darf sich zudem „Unesco City of Design“ nennen. Ein Titel, der verpflichtet. Denn weltweit gibt es gerade einmal 17 Städte, die Aufnahme in den illustren Club der Design-Städte gefunden haben. Ich habe mich bei meinem Graz-Besuch gefragt, wie der hohe künstlerische Anspruch der Stadt mit der allgegenwärtigen Weihnachtseuphorie zusammenpasst? In nahezu jedem Grazer Innenhof findet sich ein Adventsmarkt, ein weihnachtliches Großereignis jagt das nächste und in der Stadt gibt es sogar eine europaweit einmalige Institution: Das Büro für Weihnachtslieder. Eine Anlaufstelle für Nostalgiker, die von weihnachtlichen Liedern, Gedichten und Bräuchen gar nicht genug bekommen können. Und mein Fazit lautet: Der Grazer Dreiklang – Design, Genuss und Advent lohnt definitiv einen Besuch….

Wenn tausende Lichter plötzlich aufleuchten
Auf dem Weg zum Büro für Weihnachtslieder komme ich am Hauptplatz vorbei. Hunderte Menschen stehen auf dem Platz und starren nach oben. Und natürlich mache ich es ihnen nach. Bleibe stehen und schaue noch oben: Zu dem riesigen Christbaum, der noch völlig dunkel ist. Aber, so versichern mir die Umstehenden, gleich gehe es los. Dieses „gleich“ dauert dann noch gut 30 Minuten. Lange Minuten, die mit Reden und Musik gefüllt sind. Ich bekomme allmählich kalte Füße. Doch die sind in dem Moment vergessen, als Tausende Lichter am Baum gleichzeitig aufleuchten. Die Menschen jubeln. Und auch ich bin ein wenig ergriffen.

Hoteltipp für Graz
Wenn ihr euch für Design interessiert, wird euch das Hotel Wiesler begeistern. Das Restaurant und die Zimmer sind individuell und überraschend. Zudem ist das Haus perfekt gelegen – direkt am Ufer Mur. Zu den Weihnachtsmärkten ist es nur ein Katzensprung. Hier gibt es weitere Bilder und die Preise.

Einmalig: Das Grazer Büro für Weihnachtslieder
30.000 weihnachtliche Lieder, Gedichte und Texte lagern in dem Büro, das nur in der Adventszeit geöffnet ist. Eingezwängt zwischen überquellenden Bücherregalen und bunten Trachten steht der Schreibtisch von Dr. Eva Maria Hois. Sie ist Untermieterin des Steirischen Heimatwerkes – daher die Trachten. Permanent klingelt das Telefon oder jemand schaut persönlich vorbei. Die Expertin ist in diesen Tagen eine viel gefragte Frau. Denn von überall aus der Welt kommen Anfragen. Manchmal wissen die Menschen nur noch die Melodie oder Teile des Textes und singen der Volksmusikforscherin vor. Die Hilfesuchenden sind oft frischgebackene Eltern und wollen unbedingt auf die Schnelle noch ein bestimmtes Lied aus ihrer Kindheit wiederfinden, um es dem Nachwuchs an Weihnachten vorzusingen. Bisher konnte Eva-Maria Hois mit ihrem Team oder dank der Unterstützung von befreundeten Wissenschaftlern noch immer helfen. Diese Hilfe ist übrigens kostenlos. Finanziert wird das Büro aus öffentlichen Mitteln.

Faszinierende Eiskrippe in historischer Kulisse
Neben dem Büro für Weihnachtslieder ist der Grazer Advent noch für etwas anderes bekannt: die größte Eiskrippe der Welt. Ich schließe mich den Menschenmassen an, die zur feierlichen Eröffnung der Krippe strömen. Sie findet im Innenhof eines imposanten Renaissancegebäudes statt. Der Hof ist dreistöckig, mit luftigen Laubengängen und kunstvollen Rundbogenfenstern. Doch für diese architektonische Schönheit scheine gerade nur ich Interesse zu haben. Alle anderen blicken auf die Eiskrippe. Sie besteht aus wuchtigen Blöcken und filigranen Figuren. 50 Tonnen Eis wurden hier verarbeitet. Und die Skulpturen gibt es stets in mehreren Versionen, damit sie regelmäßig ausgetauscht werden können und nicht etwa unter den Augen der Betrachter wegschmelzen. Der Bürgermeister hält eine kleine Ansprache. Dann startet eine bunte Lichtershow, die jede der Figuren in ein anderes Licht taucht, und schließlich setzt auch der Chor ein, der schon seit einiger Zeit frierend auf der Bühne steht.

Weihnachtliches Konzert mit unglaublicher Akustik
Die Akustik im Innenhof ist toll; und das Konzert wirklich stimmungsvoll. So dass die Menge trotz der eisigen Temperaturen bis zum Ende ausharrt. Nur ich ziehe weiter, da ich mir noch einige der insgesamt 14 Weihnachtsmärkte ansehen will. Wer die riesigen Weihnachtsareale deutscher Großstädte gewohnt ist, wird von den Märkten in Graz überrascht sein. Oft stehen hier nur eine Handvoll Buden beieinander. Mehr würden in die kleinen Höfe auch nicht hineinpassen. Fackeln und Feuer schaffen dezentes Licht. Auch die Musik ist unaufdringlich. Genauso wie die Auslagen. Bunte Kerzen, Kissen und Holzspielzeug. Kleine Hinweisschilder weisen die Sachen als regionales Handwerk aus.

Wo die Weihnachtsbäume Kopf stehen
Auf dem Rückweg gehe ich durch die Herrengasse, eine der größten Einkaufsstraßen der Innenstadt. In luftiger Höhe hängen hier lauter Christbäume an Drahtseilen. Falschherum. So dass die Spitze nach unten zeigt. Ein Ausdruck von künstlerischer Kreativität in der City of Design. Und ganz ohne Anglizismen geht es offenbar auch in Graz nicht, denn die auffällige Installation heißt: „Falling X-mas trees“. Auf einer Infotafel ist allerdings zu lesen, dass die auf dem Kopf stehenden Bäume auf eine steirische Tradition zurückgehen. Weil die Bauernstuben früher sehr klein waren, wurden die Bäume einfach an der Decke aufgehängt. Offenbar waren die örtlichen Bauern bereits vor Jahrhunderten kreativ.

Fackelwanderung zum Schlossberg von Graz
Am nächsten Abend steht ein weiteres weihnachtliches Ereignis an: Eine Fackelwanderung zum Schlossberg von Graz. Der Schlossberg ist ein wuchtiger Fels aus Dolomitgestein, der am Rande der Altstadt liegt. Auf seiner Spitze thront ein rechteckiger Uhrturm, der als Wahrzeichen der Stadt gilt. Mit Beginn der Dämmerung wird der Turm angestrahlt, so dass er schon von weitem sichtbar ist. Zu seinen Füßen in der Altstadt sammeln sich die Teilnehmer der Wanderung. Wie bei allen Events im Grazer Advent kommt auch bei der Fackelwanderung eine besondere Stimmung auf. Und die leuchtende Schlange, die sich langsam den Berg hinauf schiebt, ist wirklich ein schöner Anblick. Ein bisschen außer Atem kommen die Fackel-Wanderer dann nach und nach oben an. Und stärken sich dankbar mit Zirbenschnaps und Vanillekipferln.

Steirische Genüsse zur Weihnachtszeit
Als österreichische Genusshauptstadt hat Graz auch im Advent einen hohen kulinarischen Anspruch. Und anstelle von Bratwurst und Reibekuchen gibt es Kürbiscremesuppe und Kaiserschmarren auf dem Weihnachtsmarkt, der gleich neben dem Uhrturm liegt. Landwirtschaftliche Produkte aus der Steiermark, die in der Landeshauptstadt Graz veredelt werden: Dieses Genuss-Prinzip wird auf dem Weihnachtsmarkt zelebriert, der übrigens „Aufsteirern“ heißt. Frei übersetzt etwa: das Beste aus der Steiermark. Wohlig, warmer Lokalstolz, der die Besucher zur Weihnachtszeit umgibt und für Graz als Urlaubsstadt wirbt.

Die Recherchereise wurde von Graz Tourismus unterstützt. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit.
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