Toronto – die größte Stadt Kanadas hat gut 2,6 Millionen Einwohner und über 50 Prozent davon sind Immigranten. Der Schmelztiegel funktioniert nicht nur, er bringt eine bunte, lebendige Mischung hervor. In der Kunst genauso wie in der Küche. In der Architektur und im Alltag. Die „Torontonians“ bezeichnen sich selbst stolz als Kanadier, ohne ihre Herkunft zu verleugnen. Sich der eigenen kulturellen Wurzeln zu besinnen und sie in die gemeinsame Zukunft einzubringen, ist das erklärte Ziel der Stadt. Viertel wie Chinatown, Kensington Market und Queen West sind Welten in Miniatur, voller freundlicher und neugieriger Menschen. Ich habe diese Orte besucht und möchte euch heute mitnehmen in die Multikulti-Metropole Toronto – wo Vielfalt fasziniert.
Bohème-Viertel Kensington Market
Die kleinen Reihenhäuser sind bunt gestrichen und in den Vorgärten wuchern Blumen und Sträucher. Die Bewohner sitzen auf den Eingangstreppen ihrer Häuschen, Kaffeetassen oder Bierflaschen in den Händen, und plaudern mit den Nachbarn. Kensington Market ist das wahrscheinlich angesagteste Viertel der Stadt, die sich selbst „City of neighborhoods“ nennt.
Regelmäßig wird hier der Autoverkehr ausgesperrt, damit die Menschen ungestört flanieren können. Gerüche und Geräusche liegen in der Luft. An einer Ecke duftet es intensiv nach Curry, an der nächsten erklingen Cello-Töne. Kensington Market vibriert: Vor Lebenslust und kreativer Energie.
Sympathisches „Produkt“ der Stadt
Adeyemi Adegbesan lebt und arbeitet in dem Viertel. Er selbst bezeichnet sich als typisches Produkt Torontos. Nur hier, in der laut der BBC multi-ethnischsten Stadt der Welt, hätten sein nigerianischer Vater und seine Schweizer Mutter sich kennenlernen können. Das Kind aus dieser ungewöhnlichen Verbindung ist mittlerweile 36 Jahre alt und ein erfolgreicher Fotograf: Adeyemis Fotos zeigen die vielen verschiedenen Facetten seiner Heimatstadt. Und machen große Lust, weitere Viertel zu entdecken.
Auch interessant: Um spannende, pulsierende Städte zu erleben, müsst ihr nicht immer über den Atlantik fliegen. Hier stelle ich überraschende Städtetrips in Europa vor, alle Alternativen zu den überfüllten Metropolen.
Drachen in Chinatown
Blinkende Leuchtreklamen mit asiatischen Schriftzeichen markieren den Übergang von Kensington Market nach Chinatown. Billige Plastikware liegt in den Auslagen. Und schmale, dunkelhaarige Menschen laufen geschäftig durch die Straßen. Wenn Sie bisher der Ansicht waren, dass Graffiti primär Schmierereien sind, sollten Sie einmal eine Streetart-Führung durch Chinatown mitmachen: Die chinesische Kultur ist in den Wandgemälden allgegenwärtig: die Bilder erzählen persönliche Geschichten und machen die Vergangenheit erlebbar.
Molly Farquhar bietet spezielle Streetart-Führungen in Toronto an. Schwerpunkt ihrer Touren ist Chinatown, da hier geballt das zu finden ist, wofür die Stadt berühmt ist: Graffiti in Form von wunderschönen Wandgemälden. Die Bilder sind nicht nur künstlerisch ausgeführt; sie lassen häufig auch Rückschlüsse auf die ethnische Herkunft der Sprayer zu.
Kunst an den Wänden
Die Künstler beherrschen das Spiel von Licht und Schatten. Ihre Landschaften haben Tiefe und ihre Portraits Individualität – viele der Graffiti gleichen Ölgemälden, die man sonst nur in Museen sieht. Dieser Einschätzung teilt auch die Stadtverwaltung von Toronto, denn bei ihr können Hausbesitzer die Gemälde auf ihren Hauswänden als Kunstwerk registrieren lassen.
Natürlich gibt es auch in Toronto Schmierereien, die hässlich und illegal sind. Wer sich darüber ärgert, braucht aber nur einen etablierten Streetart-Künstler engagieren – schon hat der Hausbesitzer vor anderen Sprayern Ruhe. Denn in der Streetart-Gemeinschaft gibt es eine strenge Hierarchie: Newcomer werden sich hüten, die Werke eines angesagten, coolen Typen zu ruinieren, da das Konsequenzen in der Szene hätte.
Gesamtkunstwerk Graffiti Alley in der Multikulti-Metropole Toronto
Mollys Führung endet am Rande von China Town in der Graffiti Alley. Eine schmale Gasse, in der jeder Zentimeter Häuserwand mit Street-Art bestückt ist: von ganz unten auf Straßenhöhe bis hoch zu den Dächern. Bizarre Fantasie-Gestalten mit grüner Haut und Klauen – Ridley Scotts Alien mag hier Pate gestanden haben. Daneben niedliche, kleine Fische, die zwischen bunten Korallen schwimmen. Die Szene könnte aus „Findet Nemo“ stammen.
Shoppen auf Queen Street West
Patrick Shannon gehört ein kleiner Shop in der Parallelstraße der Graffiti Alley. Auf dem Weg zur Arbeit kommt er jeden Tag durch die Gasse. Er gibt offen zu, dass der Geruch in der Gasse ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Zugleich seien die Kunstwerke aber so überraschend und inspirierend, dass er selbst immer wieder staunen würde. Keine 50 Meter trennen Patricks Shop von der Alley. Doch zeigt die Stadt hier bereits wieder ein ganz anderes Gesicht.
Queen Street West ist breit, fast wie ein Boulevard. Aufgeräumt und betriebsam zieht sie sich als Ost-West-Achse durch Toronto. Im Schaufenster von Patricks Laden stehen alte, ausrangierte Röhren-Fernseher – wild übereinander gestapelt. Und im Inneren hängen selbst designte T-Shirts, Kapuzenshirts und Lederjacken einzeln auf den Stangen. Dazu dröhnt nonstop Musik aus den Boxen – Patricks Shop ist ganz typisch für Queen Street West. Und nur wenige Meter weiter wartet die etablierte Kunst.
Hochkultur neben illegalen Pokerschuppen in der Multikulti-Metropole Toronto
Neben den kleinen Indie-Läden gibt es viele Bars und noch mehr Baustellen auf der Queen Street West. Das Viertel boomt und die Alteingesessenen sorgen sich um die Mietpreise. Noch behauptet sich der unkonventionelle Geist aber gegen den Kommerz. Individualität und Kunst bestimmen das Viertel, in dem auch die Kunsthochschule und das wichtigste Museum der Stadt liegen: die Art Gallery of Ontario, kurz AGO genannt. 2008 von Frank Gehry, dem berühmten Architekten, aus- und umgebaut. Gehry, der in Toronto geboren wurde, hat geschwungene Holzelemente und große Glasfronten in die steinernen Mauern integriert. Dem Ganzen dadurch einen leichten, verspielten Touch verliehen.
Unmittelbar neben dem Prachtbau stehen kleine Häuschen, an denen Farbe abblättert und billige Plastikstühle im Garten stehen. Es ist die Mischung, die rund um die Queen Street West begeistert.
Einreise nach Toronto – eTA Kanada
Wer nach Kanada möchte, muss vorher eine Einreisegenehmigung einholen. Das ist unkompliziert und kostet lediglich 24,95 Euro pro Person. Hier findet ihr das Antragsformular online*. Und die genauen Bestimmungen für eTA Kanada könnt ihr hier noch einmal im Detail nachlesen*.
Multikulti-Metropole Toronto – Wo Vielfalt fasziniert
Wer weiter auf der Queen Street West schlendert, gelangt bereits nach ein paar hundert Meter in das nächste Viertel: Den Financiel District. Herrschaftliche Bauten aus altem, matten Sandstein und imposante, verspiegelte Wolkenkratzern künden hier von Macht und Einfluss. Zwischen historischen Prunkbauten und modernen Wolkenkratzern stehen und hängen im Finanz-Viertel dutzende Kunstwerke.
Überraschendes Kontrastprogramm
Direkt gegenüber vom Financiel District, auf der anderen Seite des Ontariosees, liegt ein Teil Torontos, den viele für den schönsten halten: Toronto Islands.
Überfahrt von der Multikulti-Metropole Toronto nach Toronto Islands
Eine kurze Sirene, das Boot legt ab und Fahrtwind kommt auf. Je weiter sich die Fähre vom Festland entfernt, desto mehr rückt die berühmte Skyline von Toronto ins Blickfeld. Der CN Tower, ein Fernsehturm, der bis 2009 als höchstes Gebäude der Welt galt. Und die glitzernden Palaste des Finanzzentrums. Wenig später legt das Schiff inmitten eines grünen Parks an. Die Menschen strömen von der Fähre und ziehen schnell ihre Jacken über, denn auf den Inseln ist es immer ein paar Grad kälter.
Nacktbaden auf der Insel
Dutzende Radwege führen durch die weitläufige Parklandschaft. Auch ein FFK-Strand liegt versteckt hinter dichtem Gestrüpp und ein Schild warnt vor dem zu erwartenden Anblick: „clothing optional beach“. Es gibt nur zwei FKK-Strände im ganzen Land und selbst im weltoffenen Toronto wurde lange über das Thema diskutiert. Offiziell gelten die Inseln als Naherholungsgebiet. Tatsächlich sind sie aber auch ein Wohnviertel mit rund 700 ständigen Bewohnern, die sich hier gegen alle Widerstände halten.
Schmale Flüsse ziehen sich durch das Wohngebiet. Trauerweiden säumen das Ufer. Und vor jedem der bunten, kleinen Häuser liegt ein Motor- oder Segelboot vor Anker. Dass die angestammten Bewohner von Toronto Island dieses Paradies nicht kampflos aufgeben, wundert niemanden. Doch nur wer erbt, darf hier noch leben. Es gibt strenge Gesetze, die den Kauf und Verkauf der rund 260 Insel-Häuser regeln. Touristen bleibt nur ein Tagestrip zu den Inseln. Aber auch der ist ein besonderer Ausklang für den Besuch in der facettenreichen Multikulti-Metropole Toronto – wo Vielfalt fasziniert.
Die Recherchereise erfolgte auf Einladung von Tourism Toronto. Vielen Dank für die unvergesslichen Tage in der Mulitkulti Metropole.
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Barbara meint
Toll, wie vielseitig die Stadt offensichtlich ist! Ich mag diese wilden kreativen Mischungen, und in Chinatown würde ich gerne essen gehen. Bisher hatte mich ehrlich gesagt der CN Tower am meisten gereizt – mir war gar nicht bewusst, dass die Stadt so viel mehr zu bieten hat. Danke!
Antje meint
Hallo Barbara,
du triffst es auf den Punkt: Toronto bietet eine wilde, kreative Mischung – auch in der Küche, die von vielen Einflüssen geprägt ist und einfach ein Erlebnis ist.
Vielen Dank für deinen Kommentar,
Antje
Sabine meint
Hallo Antje,
wow! Ein wirklich gelungener Artikel, der mir Toronto sehr nahe gebracht und mir neue Seiten gezeigt hat. Besonders das Kensington Market Viertel gefällt mir gut. Kanada steht eh auf meiner Wunschliste und nun bin ich mir sicher, dass Toronto auf jeden Fall dabei sein muss.
Liebe Grüße
Sabine
Antje meint
Vielen Dank für das Kompliment – es fällt auch wirklich leicht, von Toronto zu schwärmen.
Kathi meint
Liebe Antje,
ich liebe Toronto. Mir ist bei meinem Besuch dort ebenfalls aufgefallen, wie bunt die Stadt ist. Das mag ich sehr gerne. Die Menschen und die vielen Streetarts, die man in der Stadt findet, haben es mir besonders angetan. Toronto Island empfand ich ebenfalls als Kontrastprogramm zur Megametropole. 🙂
Vielen Dank, dass du mich an unseren großartigen Trip nach Toronto erinnert hast. 😉
Viele liebe Grüße
Kathi
Antje meint
Liebe Kathi,
das freut mich, dass ihr die Stadt genauso erlebt habt wie ich. Vielen Dank für dein Interesse.
LG
Antje
Anita meint
Hallo Antje!
Danke für diesen wunderbaren und interessanten Beitrag über eine Stadt, die ich bis jetzt eigentlich nie am Schirm hatte. Ich hätte mir nie gedacht, dass es in Kanada so eine multikulturelle und bunte Stadt gibt! Deine Fotos sind natürlich auch der Hammer! Kanada steht ab sofort auf meiner Bucket-List – danke dir!
Liebe Grüße aus Kärnten, Anita
Antje meint
Hallo Anita, vielen Dank für dein Lob. Ich bin sicher, dass Toronto dich genauso begeistern wird wie mich. Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, den die Metropole nicht irgendwie „gepackt“ hat.
LG
Antje
Jessica meint
Hallo Antje,
erstmal – Wow. Was für tolle Gegensätze. Ich plane schon lange einen Besuch in Toronto, da mich vor allem die alternative Szene reizt. Mit deinen Tipps wird mein Trip dann wahrscheinlich noch ein bisschen einfacher.
Liebe grüße
Jessica
Antje meint
Hallo Jessica,
dir wird es sicher in Toronto gefallen – vielen Dank für deinen Kommentar.
LG
Antje