NRW ist dicht besiedelt – und trotzdem ein Refugium für Wildtiere. Wiedereingewanderte Biber, scheue Wildkatzen und seltene Schmetterlinge leben in der Eifel. Imposante Hochlandrinder, Auerochsen und Wildpferde im Münsterland. Und vor den Toren Kölns grasen sogar asiatische Wasserbüffel. Die 7 schönsten Möglichkeiten, Wildtiere in NRW zu beobachten, stelle ich hier vor.
1. Biber in der Eifel
Die Eifel war früher ein bevorzugter Lebensraum der Biber. Doch Jäger hatten es auf das weiche Fell der Tiere und ihr Drüsensekret abgesehen: Biber wurden so intensiv bejagt, dass die niedlichen Tiere bereits im 19. Jahrhundert als nahezu ausgerottet galten. Nur in abgelegenen Randregionen konnten einige wenige Individuen überleben. Die heutigen Eifel-Biber stammen alle aus einer Zuchtstation im fernen Russland. 1981 wurden die ersten drei Paare im Hürtgenwald freigelassen, wo sich die Tiere stark vermehrt haben. Heute sind wieder hunderte Biber in der Nordeifel heimisch.
Perfekter Wildtier-Beobachtungspunkt für Familien
Wer die scheuen Tiere beobachten möchte, sollte einen abendlichen Spaziergang durch den Hürtgenwald machen. Fraßspuren und umgestürzte Bäume zeugen von ihrer Präsenz. Und am Weberbach wurde sogar eine Aussichtsplattform errichtet, die perfekte Sicht auf die Eifel-Biber bietet. Pünktlich zur Tagesschau gleiten die nachtaktiven Tiere langsam vom Ufer ins Wasser. Kameras klicken und Kinder jauchzen. Ein ganz besonderer Moment für jeden Naturfreund.
Extratipp: Regelmäßig finden geführte Touren in den Abendstunden statt. Da Biber nachtaktiv sind, besteht dann die größte Chance, die Tiere zu sehen. Aktuelle Termine der Bibertouren.
2. Wildpferde im Münsterland
Bei Dülmen im Münsterland lebt eine besonders alte und besonders ursprüngliche Kleinpferderasse. Die erste urkundliche Erwähnung der Tiere datiert aus das Jahr 1316. Allerdings ist davon auszugehen, dass sie bereits lange davor im Münsterland lebten, denn früher waren viele Wildpferde in der Region beheimatet. Doch bis auf die Dülmener sind alle verschwunden. Dass die kleine Herde Jagd und Ackerbau überlebt hat, ist dem beherzten Eingreifen eines Herzogs zu verdanken. Alfred Herzog von Croy ließ Mitte des 19. Jahrhunderts die letzten freilaufenden Pferde einfangen und in ein eingezäuntes Areal bringen. Womit er den Grundstein für das letzte Wildpferdegestüt Europas legte.
400 Tiere in den Wäldern
Das kleine Schutzgebiet im Merfelder Bruch bietet den Tieren eine abwechslungsreiche Landschaft, mit großen Moor- und Heidegebieten sowie urwüchsigen Wäldern. Nur im Winter füttern die Förster Heu dazu, um zu verhindern, dass die Tiere sämtliche Baumrinden annagen. Ansonsten müssen die Pferde ihr Leben alleine meistern, auch Verletzungen, Erkrankungen und Unwetter. Durch diese Entbehrungen findet eine natürliche Selektion statt, was die Herde zu einer besonders widerstandsfähigen und anspruchslosen Pferderasse werden ließ. Die kleinen Pferde erreichen ein Stockmaß von ca. 1,35 cm und verfügen alle über den sogenannten „Aalstrich“. Das ist ein schwarzer Streifen, der von der Mähne über den gesamten Rücken bis zum Schweif verläuft.
3. Amphibien auf Zeche Zollverein
Frösche, Molche und Kröten – sie alle leben in den Tümpeln und Teichen des Weltkulturerbes in Essen. Besonders häufig ist auf Zollverein eine Kröte anzutreffen, die anderenorts bereits sehr selten geworden ist und sogar auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht: die Kreuzkröte. Zu erkennen ist sie an einer gelblichen Linie, die über ihr „Kreuz“ verläuft.
Nächtliches Krötenkonzert
Wer über das Areal streift, sieht große und kleine Kröten durch die Gegend flitzen. Sie verstecken sich unter Steinen und Totholz. Und geben in den Sommermonaten ein allabendliches Konzert. Die große Aussichtsplattform an Schacht 12 ist in den Abendstunden ein romantischer Platz und das vielstimmige Konzert aus Dutzenden Krötenkehlen schafft hier eine geradezu märchenhafte Atmosphäre. Wer weitere Infos über den Artenreichtum auf der Industriebrache haben möchte, ist bei den Führungen des NABU perfekt aufgehoben. Sie finden regelmäßig zu ganz unterschiedlichen Themen statt.
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4. Schmetterlinge im Urfttal
Schmetterlingen geht es wie den meisten Menschen: sie mögen schönes Wetter. Bei angenehmen 27 Grad schwärmen die Schönheiten aus und bevölkern das nicht minder schöne Urfttal in der Rureifel. Nirgendwo sonst in NRW gibt es so viele Arten und Individuen. Wer sich einer der Schmetterlings-Exkursionen vom Naturzentrum Eifel anschließt, wird schnell begeistert sein: Gilt es doch den braunorangen Kaisermantel auf knallgelben Butterblumen zu entdecken. Oder den kleinen Perlmuttfalter auf duftendem Thymian. Farbenpracht, urwüchsige Natur und fachkundige Begleitung machen die Touren zum Erlebnis.
Faszinierende Gestaltenwandler
Zwischen Frühjahr und Herbst sind in der Region etwa 60 Tagschmetterlingsarten anzutreffen. Allerdings fliegen die einzelnen Arten nur für kurze Zeit. Denn wenige Wochen nach ihrem Hochzeitstanz sterben die meisten Schmetterlinge bereits wieder. Viele Weibchen sind von der Eiablage derart erschöpft, dass sie nur sieben bis 21 Tage leben. Die besten Monate, um sich an den fragilen Faltern zu erfreuen, sind zwischen Juni und August. Wer auf eigene Faust im Urfttal unterwegs ist, finden auf den Infotafeln entlang des Schmetterlingspfades spannendes Hintergrundwissen zu den faszinierenden Tieren.
Extratipp: Einen ausführlichen Bericht über die Führungen des Naturzentrums Eifel habe ich hier verfasst.
5. Huftiere in der Wahner Heide
Die Wahner Heide ist das zweitgrößte und artenreichste Naturschutzgebiet in NRW. Ein Paradies für Naturfreunde, Wanderer, Fotografen und Tierliebhaber. Über der Heide fliegen Flugzeuge, die in Köln/Bonn starten oder landen, und unten krabbelt, kriecht und fleucht es. Hunderte Weidetiere sind hier im Einsatz, um die ursprüngliche Heidelandschaft zu erhalten. Spaziergänger können sich an Ziegen, Schafen, Eseln und seit 2010 auch an mächtigen asiatischen Wasserbüffeln erfreuen.
Mit Ausnahme der Wasserbüffel habe ich alle vor die Kameralinse bekommen und mich über das zutiefst menschliche Verhalten der Tiere amüsiert. Es gibt scheue Tiere, die sofort flüchten, aber auch solche, denen das Posieren vor Kameras offensichtlich Spaß macht. Wer sich im sogenannten „Geisterbusch“ bewegt, hat gute Chancen, die Wildtiere zu sehen.
10 Rundwanderwege zu den Wildtieren
Es ziehen sich 10 Rundwanderwege durch die Wahner Heide, die von einem Verein gepflegt werden. Zu unterschiedlichen Themen und teilweise – wie etwa im Geisterbusch – sind sie so breit, dass zwei Familien bequem aneinander vorbeigehen können, ohne einander zu berühren. Rund um das Naturschutzgebiet gibt es zudem mehrere Wanderparkplätze, sodass man bei Überfüllung immer zum nächsten ausweichen kann.
6. Vogelparadies – die Rieselfelder bei Münster
Wo früher die Abwässer der Stadt gereinigt wurden, ist heute ein Vogelschutzgebiet von internationaler Bedeutung, in dem sich seltene Wat- und Wasservögel tummeln. Und um sich für die Rieselfelder vor den Toren Münsters zu begeistern, muss man aber nicht zwangsläufig ein Hobby-Ornithologe sein. Auch jeder naturaffine Normalbürger wird seine Freude an Blaukehlchen, Odinshühnchen und Weißstorchen haben.
Gesang der Blaukehlchen
Nirgendwo sonst in NRW haben Vogelfreunde so gute Chancen, das Blaukehlchen zu sehen wie in den Rieselfeldern. Und viele Besucher kommen von weit her, um die „Nachtigall des Nordens“ zu hören. Den Spitznamen verdankt das Blaukehlchen seinem besonders melodiösen Gesang. In dem nährstoffreichen Feuchtgebiet ertönt aber auch regelmäßig das Quaken tausender Frösche – und die wiederum locken immer mehr Störchen an.
7. Fledermäuse am Neffelsee in Zülpich
Der Neffelsee in der Zülpicher Börde ist ein Überbleibsel des Tagebaus in der Region und ein wahres Fledermaus El Dorado. Denn das Naturschutzgebiet bietet ideale Bedingungen für die Tiere: hohe Bäume, viel Wasser und eine große Artenvielfalt. Eine solch abwechslungsreiche Landschaftsstruktur ist für Fledermäuse überlebenswichtig. Und am Neffelsee können daher viele verschiedene Arten und Individuen beobachtet werden.
Führungen vom NABU
Dank des „Bat-Detektors“, der die Ultraschallrufe der Fledermäuse für das menschliche Ohr hörbar macht, sind die örltlichen Führungen auch für Kinder perfekt. Denn sie wissen: je lauter die Geräusche werden, desto näher sind die Tiere. Die NABU Ortsgruppe Euskirchen engagiert sich für den Schutz der heimischen Fledermäuse, und so wird auf den Führungen stets thematisiert, was Menschen tun können, um den Tieren zu helfen.
Zusatztipp: Urviecher im Neandertal – Ausflug mit Kindern
Im Neandertal bei Düsseldorf gibt es ein großes Freigehege mit urzeitlichen Tieren. Hier leben drei Tierarten, die vermutlich schon der Neandertaler kannte: Tarpane, Auerochsen und Wisente. Wobei die Bezeichnungen aus wissenschaftlicher Sicht nicht ganz korrekt sind, denn bis auf die Wisente sind die Tiere Rückzüchtungen. Schön anzusehen sind die kleinen, robusten Wildpferde und die dem Auerochsen ähnlichen Heckrinder aber allemal. Und um das Freigehege herum führt ein urwüchsiger Wanderweg – eine besonders schöne Möglichkeit, um Wildtiere in NRW zu bewundern.
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