Hillesheim liegt in der Mitte des Eifelsteigs. Wuchtige Befestigungsmauern aus dem 13. Jahrhundert umgeben das Städtchen: vor ihnen gibt es ganz viel Natur. Und dahinter stehen kleine, bunte Häuschen, die an sonnigen Tagen fast karibisch anmuten. Und nicht zuletzt ist Hillesheim die heimliche Krimihauptstadt Deutschlands. An keinem anderen Ort werden Mord und Totschlag so humorvoll in Szene gesetzt wie in dem 3.000 Seelen-Ort. Für mich ist Hillesheim deshalb ein Geheimtipp in der Eifel, den es zu entdecken lohnt.
Natur vor den Mauern
Ich schlendere vom Marktplatz in Richtung Stadtmauer und stehe nach wenigen Metern in der puren Idylle. Ein kleiner See glitzert im Abendlicht. Dichtes Schilf wächst an seinem Ufer. Dutzende Vögel singen. Und eine große Libelle schwirrt vor mir durch die Luft. Das Bolsdorfer Tälchen ist ein Naherholungsgebiet mit großem Artenreichtum. Wanderwege und ein Barfuß-Parcour liegen hier. Und die 9. Etappe des Eifelsteigs führt durch die offene Landschaft. Auf dem Premiumwanderweg gelangen viele Wanderer nach Hillesheim, die in der Stadt übernachten. Wenn ihr ein Faible für Skurriles und Nostalgisches habt, solltet ihr unbedingt etwas mehr Zeit vor Ort einplanen. Denn Hillesheim bietet Orte und Menschen, die einmalig sind.
Auch interessant: An diesen Top5-Orten findet ihr geballte Eifel-Natur!
Spannung hinter den Mauern
Ich öffne die Tür zum Café Sherlock. Kaffeeduft strömt mir entgegen. Doch kaum habe ich den Raum betreten, fühle ich mich beobachtet: Über einem gewaltigen Schnurrbart starren mich dunkle Augen an. Sie gehören Hercule Poirot. Und ein übellauniger Alfred Hitchcock scheint die Mundwinkel noch ein wenig weiter nach unten zu ziehen, als ich vorsichtig über die alten Kinosessel zu seinen Füßen streichele. Sämtliche Wände im Café Sherlock sind mit Krimi-Memorabilia bedeckt: Fotos, Filmplakate, Autogramme von berühmten Krimi-Autorinnen und Autoren. Ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinsehen soll.
Dass es diesen herrlich schrägen Ort in Hillesheim gibt, ist Monika und Ralf Kramp zu verdanken.
Platznehmen im Orient-Express
Ralf Kramp ist Krimiautor, Verleger und Besitzer des Hillesheimer Kriminalhauses, unter dessen Dach sich das Café Sherlock befindet. Zusammen mit seiner Frau hat er überall auf der Welt Exponate und Ideen gesammelt. Und so sind mit der Zeit im Kriminalhaus immer mehr skurrile Angebote entstanden. Etwa eine Hommage an den Orient-Express. Eine kleine Sitzecke gleicht einem Zugabteil. Rote Samtpolster, alte Lederkoffer und große Regenschirme – selbst der Geruch erinnert an den Luxus-Zug. Und wer zum gemalten Fenster herausblickt, entdeckt eine verschneite Winterlandschaft: der Orient-Express ist bekanntlich in einer Schneewehe steckengeblieben.
Sherlock Holmes grüßt
Ich hätte mich zu gerne in das kleine Abteil gesetzt. Aber es ist schon besetzt. Ich muss an einen der Vitrinentische ausweichen, die den großen Ermittlern der Kriminalgeschichte gewidmet sind. Unter der Glasscheibe des Sherlock Holmes Tischs befinden sich dutzende Schaustücke: die zerbrochene Napoleonbüste aus „Die sechs Napoleons“. Oder die Haarlocke der Miss Violet Hunter aus „Das Haus bei den Blutbuchen“.
Sherlock Holmes steht als lebensgroße Puppe am Tisch. Und beobachtet das Geschehen. Rauch steigt aus seiner Pfeife auf. Das glaube ich zumindest für einen Augenblick, aber natürlich ist es nur dampfender Tee. Er wird im Café stilecht mit Gebäck, Erdbeermarmelade und Clotted Creme serviert. Very british. Und sehr köstlich. Nach dem Afternoon Tea streife ich weiter durchs Kriminalhaus. Über einen kleinen Flur geht es in den nächsten Raum. Die Buchhandlung „Lesezeichen“ ist das Reich von Monika Kramp. Auch das kleine Geschäft ist bis in den letzten Winkel durchgestylt: Blutflecken auf dem Teppichboden. Mordwaffen und Giftfläschchen in den Regalen.
Geheimtipp in der Eifel
Ich gehe weiter in die oberen Etagen des Kriminalhauses. Die Stiegen knarzen so laut, dass ich an einen Soundeffekt denke. Doch das Geräusch stammt nicht vom Band, sondern vom Boden. Das alte, schiefe Haus mit dem dunkeln Treppenhaus ist der perfekte Rahmen für Mord und Totschlag. Und trotz der Originalität ist es noch ein Geheimtipp in der Eifel.
Größte Krimi-Sammlung
Je weiter ich nach oben komme, desto staubiger wird es. Tausende Bücher lagern im Antiquariat auf der zweiten Etage. Und über die gesamte dritte Etage erstreckt sich „Das deutsche Krimiarchiv“. In der Präsenzbibliothek stehen gut 30.000 Krimis. Sie stapeln sich bis unter die Decke. Und ihr dürft sie alle in die Hand nehmen und durchforsten.
Mörderisch Nächtigen
Ich fange mit dem Lesen an. Aber natürlich reicht ein Tag nicht aus, um alles zu durchforsten und neue Lieblingstitel und -autoren zu finden. Deshalb quartiere ich mich über Nacht im Krimihotel von Hillesheim* ein. Der imposante, dreigeschossige Bau hat kleine Türmchen und eine reich verzierte Fassade – keine 100 Meter vom Kriminalhaus entfernt. Die Themenzimmer sind Hobbydetektiven, Polizeibeamten und Agenten gewidmet: von Miss Marple über Derrick bis James Bond. Insgesamt 20 Zimmer und Appartements.
Mord mit Aussicht
Das beliebteste Zimmer verkörpert eine ganze Krimiwelt: „Mord mit Ausblick“. Die ARD-Serie spielt im fiktiven Eifelort „Hengasch“. Das Zimmer ist so beliebt, dass Serienfans unbedingt zeitig buchen sollten*. Schränke, Tische, Bänke und Geweihe – dutzende original Requisiten der stehen heute im Krimihotel. Ich bin von „Mord mit Ausblick“ zwar beeindruckt, begebe mich aber lieber mit Alfred Hitchcock zur Ruhe. Und freue mich schon auf den nächsten Tag, wenn ich im Kriminalhaus weitere Krimis lesen darf. Und dann werde ich wieder eine Runde auf dem Eifelsteig wandern. Für mich die beste Kombination, die die Eifel zu bieten hat.
* Bei den Werbe-Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Das sind Partnerprogramme mit Unternehmen – wenn ihr über den Link auf meiner Seite ein Hotel bucht oder ein Buch kauft, bekomme ich eine kleine Provision. Für euch ist es keinen Cent teurer, aber für Blogger sind diese Einnahmen wichtig, um den Blog überhaupt betreiben zu können. Also: vielen Dank für eure Unterstützung!
Schreibe einen Kommentar