Dichte Eichenwälder, dunkel glitzernde Seen und hunderte Schlösser – wer nach Sörmland reist, weiß schnell, warum die Region zur Filmkulisse wurde. Der dünn besiedelte Flächenstaat Schweden ist vermutlich überall schön, aber in Sörmland finden Besucher geballt das, was sie im Norden suchen: Romantik! Das hat sich auch bei deutschen Filmproduktionen herumgesprochen. So werden schon seit Jahren die erfolgreichen Inga Lindström Filme im schwedischen Sörmland gedreht. Lange bevor deutsche TV-Produzenten die Gegend entdeckten, lebte der Schriftsteller Kurt Tucholsky in Schweden und auch er hat die Bilderbuchlandschaft beschrieben: in seinem Roman „Schloss Gripsholm“. Auf deutschen Spuren im schwedischen Sörmland gibt es viel zu entdecken.
Filmtourismus – geliebte Drehorte
Bücher und Filme können mehr bewegen als die beste Werbekampagne. Davon können aktuell Irland und Kroatien ein Lied singen, die dank „Game of Thrones“ zur Pilgerstätte der Fans wurden. Lange vorher profitierte bereits Schweden von diesem Tourismus-Trend: Erst kamen die Urlauber in die Provinz Smaland, die Astrid Lindgren so wunderbar in ihren Kinderbüchern zum Leben erweckte. Dann zog es alle Welt in die südschwedische Stadt Ystad – auf den Spuren des berühmten Kommissar Wallander. Und seit gut zwölf Jahren strömen deutsche Gäste in Scharen nach Sörmland. Denn hier liegen die Drehorte der beliebten Inga Lindström Filme, die das ZDF zur Prime-Time am Sonntag zeigt.
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Perfekte Film-Kulisse
Von den Romantiktrips deutscher Fernsehzuschauer profitiert ganz Sörmland, das die Schweden übrigens selbst als „Inga Lidström-Land“ bewerben, und insbesondere die kleine Stadt Mariefred. Hier sieht man malerische Gässchen mit bunten Holzhäusern, spielende Kinder und Äpfelbäume, die sich unter dem Gewicht ihrer Früchte biegen – viele Besucher verlieben sich auf Anhieb in den Ort. So erging es auch Kurt Tucholsky. 1929 verbrachte er fünf Monate in unmittelbarer Nähe des Schlosses; verlebte dort unbeschwerte Stunden. Doch schon wenige Jahre später endete sein Leben tragisch. Tucholsky starb 1935 an einer Überdosis Tabletten. Begraben liegt der große Publizist auf dem kleinen Friedhof von Mariafred – wer auf deutschen Spuren im schwedischen Sörmland unterwegs ist, sollte auch hier kurz Station machen.
Hauptanziehungspunkt in Mariefred ist aber das berühmte Schloss Gripsholm. Das wuchtige, backsteinfarbene Schloss ist eines der schwedischen Königsschlösser. König Carl Gustav und seine Silvia feierten hier am Vorabend ihrer Silberhochzeit.
Schloss Gripsholm: wo Königs feiern
Natürlich steht Gripsholm auch nicht adligen Besuchern offen. Die deutsche Auswanderin Maren von Bothmer führt Besucher durch das altehrwürdige Königsschloss. „Wir waren total überrascht, als auf einmal so viele Deutsche nach Mariefred kamen. Wir kannten ja die Serie der Inga Lindström Filme nicht und wussten daher zuerst nicht, warum auf einmal so viele deutsche Gäste das romantische Schweden kennen lernen wollten“, erzählt Maren von Bothmer. Die gebürtige Hamburgerin hegte schon immer ein großes Interesse an Schweden und der Geschichte des Landes, die eng mit Deutschland verwoben ist: Saßen doch über die Jahrhunderte viele deutschstämmige Adlige auf dem schwedischen Thron. Nicht zuletzt deshalb sind die Schloss-Rundgänge gleichermaßen informativ wie unterhaltsam.
Romantiktrip durch Mariefred
Die echten Lindström Fans wollen neben dem Schloss aber natürlich noch weitere Drehorte sehen: wie das knallgelbe Rathaus von Mariefred, das in der Folge „Auf den Spuren der Liebe“ als Polizeiwache diente. Die Schweden haben dem deutschen Besucheransturm Rechnung getragen und bieten mittlerweile geführte Touren auf den Spuren von Inga Lindström an. Sie führen zum Marktplatz, zu einem kleinen Blumenladen und allen anderen Drehorten in Mariefred und Umgebung, die die deutschen Filmteams in den letzten Jahren besucht haben. Und viele schwedische Einwohner wirken nach wie vor gerne als Statisten in den Filmen mit, obwohl es in jeder Lindström-Folge kleinere Logiklöcher, historische oder geographische Ungenauigkeiten gibt.
Deutsche Fabulierlust
In den deutschen Filmen wird munter fabuliert: Orte mal eben um hunderte Kilometer verlegt und Tatsachen ignoriert. Doch an solchen Kleinigkeiten stören sich die Schweden nicht. Vielmehr freuen sie sich, und sind auch ein kleines bisschen stolz, dass so viele deutsche Urlauber nach Sörmland kommen. Auch den Grund für die deutsche Schweden-Begeisterung glauben sie zu kennen: „Wir haben diese unbewohnte Weite, die Deutschland nicht hat. Hier kann man menschenleere Gegenden finden, wo man wirklich allein mit der Natur ist.“
Allein in der Natur
Und in der Tat werden deutsche Urlauber gesichtet, die in bester Lindström-Manier über die Felder galoppieren oder beim Fliegenfischen ihre Routen auswerfen. Traumhaft ist auch der Aufenthalt in einem der vielen Schlösser Sörmlands. Eine Vielzahl von ihnen dient mittlerweile als Hotel, wie Schloss Yxtaholm. Nebel steigt vom Schlosssee auf, alte Bäume spiegeln sich im Wasser und eine lange Auffahrt führt zum Hauptgebäude des Schlosses.
Hier kann man hervorragend speisen und sich ganz nebenbei ein paar Inga Lindström-Anekdoten erzählen lassen – denn natürlich haben die Deutschen auch das Schloss längst zur Filmkulisse gemacht. Sörmland ist fraglos genauso romantisch, wie es in den Lindström-Filmen präsentiert wird – von der strahlenden Sonne, der in jeder Folge über der schwedischen Provinz scheint, ist allerdings nicht immer etwas zu sehen. Doch die Region ist so schön, dass selbst Regen und Nebel ihr nichts anhaben können. Auch Tucholsky muss es so empfunden haben. Schrieb er doch:
„Warum bleiben wir eigentlich nicht für immer hier?…. Und dann für immer: blaue Luft, … Sonne, Meeresatem, Fische und Grog – ewiger, ewiger Urlaub.“
(Quelle: „Schloss Gripsholm“, Kurt Tucholsky 1931)
Ein ausführliches Interview mit der Inga Lindström Autorin – und viele weitere spannende Schweden-Berichte – findet Ihr im Blog von Stella Bongertz: http://www.verliebtinschweden.de
Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung von visitsweden. Vielen Dank dafür.
Stella meint
Liebe Antje, o ja, Sörmland ist wirklich toll! Ich war im Sommer auch unter anderem in Mariefred und war wirklich sehr angetan von der Gegend. Auf Yxtaholm war ich allerdings nicht, hast Du da gewohnt? Ich meine, das Anwesen hätte ich tatsächlich in einer Inga Lindström-Folge gesehen – nämlich der mit dem Münchner Tatort-Kommissa , die ich im Text u. a. erwähne. Kommissar Batic war’s (wie der Schauspieler heißt, kann ich mir nie merken und wie der Mann als Schwede hieß, noch weniger, aber Christine Neubauer hat die bayrische Delegation noch verstärkt – wenn ich mich recht erinnere).
Antje meint
Liebe Stella, vielen Dank für deinen Kommentar – und ja, ich hatte das Glück eine Nacht auf dem Schloss zu übernachten. Es ist wirklich märchenhaft, gerade im Herbst und Winter, wie ich finde. Welche Schauspieler das Hotel für die Dreharbeiten bevölkert haben, weiß ich aber leider auch nicht…