Hohe Berge. Flache Strände. Romantische Inseln und pulsierende Metropolen – richtig, es ist von Deutschland die Rede. Kaum ein anderes Land kann sich so unterschiedlicher Urlaubsregionen rühmen, wie unsere Heimat. Ich habe meine persönliche Top 10 – das perfekte Deutschland-Wochenende für euch zusammengestellt. Mit Tipps, die euch in wenig bekannte Ecken führen oder einen neuen Blick auf vertraute Regionen erlauben. Viele der vorgestellten Orte sind übrigens sehr gut mit der Bahn zu erreichen.
1.) Unterwegs in Brandenburg
„Brandenburg – es gibt Länder, wo was los is… “ Wer kennt nicht das berühmte Lied von Rainald Grebe? Die Satire auf unser östlichstes Bundesland beschreibt trefflich, wie menschenleer Brandenburg ist. Was für Bewohner viele Nachteile hat, hat für Urlauber fast ausschließlich Vorteile, denn die Natur übernimmt das Zepter.
Brandenburgs Gewässer
Reiher stolzieren im seichten Wasser. Haubentaucher begrüßen einander und Familie Schwanenfamilie begleitet die Urlauber ein Stück des Weges. 33.000 Kilometer Fließgewässer durchziehwie ein blaues Band und bieten euch viele Möglichkeiten. Ich bin mit einem Hausboot in Oranienburg gestartet. Kaum hatte unser Boot abgelegt, bin ich in einen regelrechten Naturrausch verfallen.
Brandenburg berauscht mit intensiven Farben und einer tiefen Stille, die nur durch gelegentliche Vogelrufe unterbrochen wird. Blühende Seerosen schmücken die Wasseroberfläche. Alte Bäume säumen die Ufer. Und kleine Restaurants haben ihre Terrassen inmitten dieser Idylle errichtet.
Der besondere Routentipp
Auf dem Finowkanal kommt zum allgegenwärtigen Naturschauspiel noch das historische Erlebnis dazu. Er gilt als älteste Wasserstraße Deutschlands und steht komplett unter Denkmalschutz. Wenn ihr relaxen und euch an der herrlich antiquierten Technik erfreuen wollt, seid ihr hier richtig. Für Eilige und Ungeduldige ist die historische Wasserstraße hingegen Gift.
Der besondere Einkehrtipp: „Zum Seewolf“ heißt das Fischrestaurant von Volker Wolf. Der Diplom-Fischer hat die Fischereirechte des Werbellinsees gepachtet und serviert einen Fisch, der fast ausschließlich hier vorkommt: Die kleine Maräne. Sie ist ein lachsartiger Fisch und wird im Werbellinsee bis zu 100 Gramm schwer. Sowohl im gebratenen, als auch im geräucherten Zustand hat mir die kleine Maräne ausgesprochen gut geschmeckt.
2.) Romantik am Niederrhein – das perfekte Deutschland-Wochenende
Berufsbedingt bin ich schon in dutzenden, wenn nicht hunderten Burgen, Schlössern und Landsitzen gewesen. Und an wenigen Orten hat es mir so gut gefallen, wie auf Burg Boethelaer in Kalkar. Nicht etwa weil es das luxuriöseste oder imposanteste Anwesen ist, das ich kenne. Keineswegs: der Luxus hält sich in Grenzen und Teile der Burg sind sogar mit modernen Materialien repariert werden. Was nicht nach jedermanns Geschmack ist. Aber an keinem anderen Ort habe ich ein romantischeres Dinner erlebt: serviert auf einer kleinen Brücke über dem Burggraben.
Übernachten auf Burg Boetzelaer
Auf Burg Boetzelaer wird Bed & Breakfast angeboten.* Die romantische Burg ist bei Honeymoonern beliebt, die sich gerne in der Turmsuite einquartieren. Aber auch wenn ihr einfach so ein romantisches Wochenende auf der Burg verbringen wollt, könnt ihr das Burggraben-Dinner anfragen. Die Schlossmitarbeiter sind sehr nett und hilfsbereit. Der noch aus dem 13. Jahrhundert stammende rustikale Gewölbekeller ist ein beliebter Veranstaltungsort – u.a. von „Krimidinnern“.
Auch interessant: Unweit von der Burg liegt der Archäologiepark in Xanten. Hier wird Nocturnus – eine nächtliche Führung angeboten, die wirklich ungewöhnlich ist. Voller überraschender Sinneseindrücke im menschenleeren Areal.
Mittelalter und Radwege am Niederrhein
Der Niederrhein wird als Urlaubsregion unterschätzt. Dabei bietet er wunderschöne Mittelalter-Städtchen wie Kalkar und naturnahe Radwege wie den neuen Hanseradweg.
3.) Der Malerweg in der Sächsischen Schweiz
Das Elbsandsteingebirge ist eines der spektakulärsten Mittelgebirge Deutschlands, wenn nicht Europas. Mit seinen durch Erosion entstandenen Felsformationen, den tiefen Tälern und mächtigen Tafelbergen erinnert es an den berühmten Grand Canyon. Und geradezu magisch zieht die Landschaft Urlauber und Filmteams aus aller Welt an. Ich bin vor den Besuchermassen vom Basteifelsen geflüchtet und stattdessen auf dem Malerweg gewandert. Das wäre auch mein Tipp für euch: denn hier gibt es Landschaftsgenuss ohne Bustourismus.
Der ausgezeichnete Malerweg
Beim Malerweg kommt ihr quer durch das Elbsandsteingebirge und folgt den Spuren berühmter Maler. Der Weg führt zu den spektakulärsten Aussichtspunkten der Sächsischen Schweiz. Darunter ist beispielsweise auch der Ort, von dem Caspar David Friedrich zu seinem weltbekannten Werk „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ inspiriert wurde. Der Malerweg verläuft über 112 wildromantische Kilometer – grob gesehen von Pirna bis an die tschechische Grenze. Es gibt ein dichtes, gut markiertes Wegenetz durch diese ungewöhnliche Landschaft, die übrigens größtenteils zum Nationalpark Sächsische Schweiz gehört.
4.) Exotische Auszeit bei Köln
Ich bilde mir ja immer ein, dass ich mich in Nordrhein-Westfalen im Tourismus „perfekt“ auskenne. Schließlich habe ich sieben NRW-Reiseführer geschrieben und arbeite als Reiseexpertin bei „Hier und heute“ im WDR. Aber auch ich werde an Rhein und Ruhr immer wieder überrascht. So wusste ich nicht, dass gleich neben dem Pantasialand eine exotische Hotelwelt entstanden ist.
Das „Ling Bao“ ist ein chinesisches Themenhotel* und komplett nach Feng Shui-Kriterien eingerichtet. Besonders beeindruckt hat mich der duftende Garten, in dessen Mitte ein wasserspeiender Drache steht. Chinesische Gartenbaumeister haben den Ort gestaltet und so mutet er wunderbar exotisch an. Ihr könnt den Aufenthalt im Ling Bao nutzen, um ganz klassisch den Freizeitpark zu besuchen. Oder – und das wäre mein Tipp – ihr besucht „Fantissima“ eine Dinnershow, die Akrobatik und Genuss perfekt verbindet.
Weiterlesen: Ein phantastisches Wochenende vor den Toren Kölns.
5.) Winzerurlaub am Bodensee
Der Wind fegt über den See. Wasser schlägt geräuschvoll ans Ufer. Und aufspritzende Gischt landet sanft auf meinem Gesicht. In diesem Moment ist mir klar geworden, warum der See gelegentlich auch als „schwäbisches Meer“ bezeichnet wird – hat er doch tatsächlich eine wilde Seite. Im Gegensatz zu den großen und bekannten Orten am Bodensee ist Hagnau klein und unbedeutend. Aber genau das hat für mich den Reiz ausgemacht.
Auch interessant: Wie faszinierend der Winter am Bodensee ist, erfahrt ihr hier. Mit vielen Tipps für die vermeintlich triste Jahreszeit.
Weinberge und Obstgärten in Hagnau
Hagnau hat knapp 1.500 Einwohner und liegt am nördlichen Ufer des Bodensees. Neben der Seepromenade sind Weinberge und Obstgärten der Reichtum des Ortes. Sogar im Ortskern finden sich Rebstöcke und Apfelbäume, was Hagnau in meinen Augen besonders charmant macht. Hagnau darf sich zudem der ältesten Winzergenossenschaft Badens rühmen. 1881 wurde die Genossenschaft gegründet, der heute noch 60 Winzerfamilien angehören.
Typisch für den Bodensee sind frische, fruchtige Weine. Etwa der Müller-Thurgau oder der Weißherbst. Und wenn ihr tiefer in die Weinlehre einsteigen wolltet, könnt ihr euch in Hagnau bei Winzerfamilien einquartieren und bei der Ernte helfen. „Wimmeln“ wird das im örtlichen Dialekt genannt. Nach der Knochenarbeit schmeckt der Wein noch mal so gut.
6.) UNESCO Welterbe – das Gartereich Dessau-Wörlitz
Dieser Ort könnte auch als Kulisse für einen Märchenfilm dienen: Das Gartenreich Dessau-Wörlitz ist ein Gesamtkunstwert, bestehend aus Parks und Palästen. Wäldern und Wiesen. Sie alle gehen hier nahtlos ineinander über. Seerosen blühen in den Gewässern, Pfauen schlagen ihr Rad und Schafe weiden zwischen Jahrhunderte alten Bäumen. Seit 2000 zählt das Gartenreich zum UNESCO-Welterbe. Und wenn ihr den märchenhaften Ort einmal besucht, werdet ihr sicherlich gleich verzaubert sein. So ist es zumindest mir ergangen.
Die Natur ist hier nach der Fantasie eines Fürsten gestaltet worden, der überzeugt war, dass Schönheit den Menschen guttut. Und dieser Einschätzung kann ich mich nur anschließen. Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau wollte sein ganzes Reich in einen einzigen Garten verwandeln. Damals wie heute kann jeder kommen und gehen, wie er will. Das Gartenreich steht Besuchern kostenfrei offen.
Extratipp: Rund um das Gartenreich gibt es diverse Restaurants und Hotels, denen allen gemeinsam ist, dass die Preise deutlich unter Westdurchschnitt liegen.
7.) Der Rheinsteig im Siebengebirge
Wälder, Weinberge und grandiose Aussichten. Der Rheinsteig gilt zu Recht als einer der schönsten Fernwanderwege Deutschlands. Ich bin hier auf drei der insgesamt 23 Etappen gewandert, die rund um Königswinter und Bad Honnef verlaufen. Dafür braucht ihr ein bisschen Kondition. Bekommt im Austausch für eure Anstrengungen aber sehr viel geboten. Denn überall gibt es spektakuläre Fernsichten auf den Drachenfels, die Wolkenburg, den Petersberg und natürlich immer wieder auf den Rhein – was das erklärte Ziel des Rheinsteigs ist. Um tief in Rheinromantik zu schwelgen, sind die drei NRW-Etappen des Rheinsteigs perfekt.
Besonders gut hat mir gefallen, dass die Wege größtenteils naturbelassen und zum Teil sogar noch „wild“ sind. Der Rheinsteig windet sich auf den drei Teilstrecken über kleine Pfade, durch Wälder und Felsen – die Berge des Siebengebirges rauf und runter. Und gerade diese anspruchsvolle Streckenführung sorgt dafür, dass ihr hier selbst am Wochenende relativ allein unterwegs seid. Zudem gibt es lauschige Einkehrmöglichkeiten, alte Burgruinen und eine Naturwaldzelle, in der wieder ursprünglicher Buchenwald wächst.
8.) Usedoms Hinterland
Wer sich auf Usedom nur an den Stränden aalt, versäumt etwas: das urwüchsige, überraschende Hinterland. Ich habe im Inselinneren ganz intensive Naturbegegnungen gehabt. Mich über Steinadler am Himmel und Biber am Boden gefreut. Bin über weiche Waldböden gewandert und in kristallklaren Seen geschwommen. Im Hinterland, weit entfernt von den berühmten Kaiserbädern, findet ihr sogar Lagunen und entwässerte Moore.
Da es auf eigene Faust nicht ganz einfach ist, diese Orte zu entdecken, habe ich mich einer Inselsafari angeschlossen. Die finden hoch zu Jeep statt. Hoch stimmt in diesem Fall tatsächlich, denn wir dürften auf das Dach der Geländewagen klettern, was den Naturgenuss eindeutig intensiviert.
Hoteltipp auf Usedom
Das Hotel Kaiserhof Heringsdorf* bietet eine privilegierte Lage unmittelbar am Strand, einen großen Wellnessbereich und eine fantasievolle Einrichtung voller ausgefallener Kunstwerke. Die Kunst steht und hängt im Maritim an nahezu jeder Ecke und ich habe mehr als einmal schmunzeln müssen.
Weiterlesen: Naturrausch im Hinterland von Usedom.
9.) Das perfekte Deutschland-Wochenende – Pellworm
Rund 1000 Menschen leben auf Pellworm. Und wahrscheinlich genauso viele Schafe. Wer auf die Insel kommt, erlebt den unverfälschten Alltag nordfriesischer Bauern und Fischer. Letztere verkaufen ihre fangfrischen Krabben direkt vom Kutter an die Urlauber. Der kleine Hafen ist einer der „Hotspots“ der Insel: neun Fischerboote liegen hier vor Anker. Netze hängen zum Trocknen in der Sonne und Möwen hoffen auf einen Moment der Unachtsamkeit. Nordseeromantik pur, die nur noch von dem Leuchtturm der Insel übertroffen wird. Hier könnt ihr an Führungen teilnehmen – oder heiraten, falls euch der Sinn danach steht.
Ansonsten eignet sich Pellworm perfekt, um zu entspannen. Den ganzen nervigen Mist des Alltags hinter sich zu lassen. Spaziergänge am Deich sind ein großes Vergnügen. Von Radtouren würde ich euch hingegen abraten: Es sei denn, ihr liebt „Standradeln“. Dank des Gegenwindes passiert das nämlich häufiger.
10.) Top 10 – das perfekte Deutschland-Wochenende – (N)Ostalgie in Berlin
Habt ihr schon einmal in einer Original Plattenbauwohnung der DDR gesessen? Ein FDJ-Hemd in Händen gehabt? Oder einen Trabi gelenkt? Nein! Dann solltet ihr einmal das DDR-Museum in Berlin-Mitte besuchen. Seit 2006 gibt es hier Geschichte zum Anfassen. Und das ist wörtlich gemeint. Von alten Kleidern, die frau zu DDR-Zeiten getragen hat, über klappriges Kochgeschirr bis hin zur noblen Staatskarosse der DDR-Bonzen stehen lauter Originalstücke im Museum. Und das nicht etwa hinter dicken Glasscheiben, sondern offen zugänglich. Ich fand den Ort ganz wunderbar (n)ostalgisch. Genauso wie das Restaurant des Museums, wo typische DDR-Gerichte serviert werden.
Das perfekte Deutschland-Wochenende im Winter
Im Herbst tummeln sich die Wanderer auf dem Rennsteig. Im Winter, wenn dichte Nebel durch den Thüringer Wald wabern, leert sich der Rennsteig. Viele Etappen des Fernwanderweges, der von Hörschel, einem Stadtteil von Eisenach, bis nach Blankenstein, unmittelbar an der bayrischen Grenze führt, waren früher in den Wintermonaten überhaupt nur mit Langlaufskiern oder Schneeschuhen zu bewältigen – doch der Schnee bleibt wegen des Klimawandels immer öfter aus. Dadurch bietet er neuerdings für Winterwanderer beste Bedingungen. Für ihr könnt hier durch mystische Nebel, menschenleere Wälder und wirdromantische Dörfer wandern.
Weiterlesen: Der Rennsteig im Winter – 3 besondere Highlights.
Was haltet ihr von meiner Top 10 – das perfekte Deutschland-Wochenende? Ist etwas für euch dabei? Was kanntet ihr schon und was ist neu für euch? Ich bin gespannt auf euer Feedback.
Die Recherchereisen wurden zum Teil von den örtlichen Tourismusämtern unterstützt.
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Ulrike meint
Hallo Antje,
wir sind häufig an den Wochenenden unterwegs,da sind deine Tipps sehr hilfreich.
Vielen Dank.
Liebe Grüße
Ulrike
Antje meint
Gerne. Es ist einfach eine besonders schöne, abwechslungsreiche Region, in der ich selbst häufig grenzüberschreitend unterwegs bin. 🙂